Introvertierte gelten häufig immer noch als langweilig, schüchtern, einsam, zu still… Introversion wird leider viel zu oft als Schwäche angesehen und das sowohl von Extravertierten als auch von vielen Introvertierten selbst.
Vorurteile
Es gibt da draußen noch jede Menge Vorurteile gegenüber Introvertierten. Die meisten entstehen einfach durch Unwissenheit und dadurch, dass es für Extravertierte nicht immer einfach ist sich in die Lage eine Intros zu versetzen. Erst wenn man sich genauer damit befasst, was Introversion eigentlich bedeutet und vieles einfach darauf zurückzuführen ist, dass wir Reize stärker empfinden und anders verarbeiten und das gesellschaftliche Leben uns deshalb viel Energie kostet, während wir in der Stille wieder Kraft tanken können. Dann beginnt man auch zu verstehen, warum wir uns anders verhalten.
So gelten wir als langweilig, weil wir nicht bei jeder Party dabei sind oder uns in Gesprächen ungern in den Mittelpunkt stellen. Dabei ist es für uns einfach nur sehr anstrengend unter vielen, womöglich fremden Menschen zu sein und in Gesprächen beobachten wir lieber und bringen uns nur ein, wenn wir etwas wichtiges beizutragen haben.
Schüchtern und introvertiert wird häufig gleichgesetzt. Es handelt sich dabei jedoch um zwei verschiedene Paar Schuhe. Introversion ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das vermutlich angeboren ist und das sich auch nicht grundlegend ändern lässt. Der Grad der Introversion ist dabei bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt. Schüchternheit ist eine Eigenschaft, die sowohl unter Introvertierten als auch unter Extravertierten vertreten ist. Schüchternheit ist gewissermaßen eine Angst vor gewissen sozialen Kontakten und Situationen, die aber auch überwunden werden kann. Auch wenn viele introvertiert und schüchtern sind, trifft das längst nicht auf alle zu.
Oft denken andere auch, dass wir unter Einsamkeit leiden würden. Dabei ist es eher so, dass wir das Alleinsein genießen, ja sogar brauchen. Wir können unsere Batterien wieder aufladen und innerlich wieder zur Ruhe kommen. Wir lieben es einfach Zeit mit uns allein verbringen zu können und wir spüren dabei nicht das Unwohlsein, dass in Extravertierten aufkommen kann, wenn sie zu wenig soziale Kontakte haben.
Unsere Welt ist überwiegend auf Extravertierte ausgerichtet und so werden wir Intros manchmal einfach übersehen bzw. überhört. Und da wir nur wenig gesellschaftliche Aktivitäten, geschweige denn ständigen sozialen Kontakt und Austausch benötigen, wird uns oft unterstellt, dass wir ein Defizit hätten oder unglücklich sein müssten. Der Versuch uns zu mehr Offenheit und gesellschaftlichem Dabeisein zu ermuntern, ist aus den oben genannten Gründen nicht gerade hilfreich. Denn Introversion ist kein Makel. Auch leise und zurückhaltend können wir unseren Teil beitragen und dafür sorgen, gehört und gesehen zu werden. Dazu können wir unsere Stärken nutzen. Denn davon bringen wir auch so einige mit.
Stärken erkennen und nutzen
Wir sind fantastische Beobachter und Zuhörer. So fällt uns genaues, fokussiertes Arbeiten und analysieren auch nicht schwer. Auch unsere Freunde wissen diese Stärke durchaus zu schätzen und so fragt man uns gerne um Rat. Wir denken sehr genau darüber nach was wir sagen. Und wir sind sehr empathisch, womit es uns leicht fällt uns in die Lage anderer zu versetzen.
Wir können sehr gut alleine sein. Wir sind uns selbst genug und lieben es, uns mit uns selbst und unserem Innenleben beschäftigen zu können. Während sich Extravertierte von Schweigen eher bedroht fühlen, ist es für uns eine perfekte Gelegenheit zu uns zurückzukommen und unsere Gedanken in aller Ruhe zu sortieren.
Wir können uns schriftlich sehr gut und gewandt ausdrücken. Während andere die großen Redner sind, liegt unsere Stärke darin alles bis ins kleinste Detail, in eine perfekte schriftliche Form zu bringen.
Laute Menschen nehmen sich kaum Zeit zum überlegen. Sie präsentieren sofort ihre Meinung. Dadurch dass Introvertierte alles erst genau überdenken, kommen wir oft zu kreativeren und manchmal auch besseren, nachhaltigeren Lösungen. Entscheidungen treffen wir nicht aus einem Impuls heraus, sondern mit Bedacht auf die Konsequenzen.
Introvertiert und glücklich
Wenn unsere Welt nun aber eher auf laute und repräsentative Menschen ausgelegt ist, kann man dann überhaupt glücklich sein als Introvertierter? Aus meiner Sicht ganz klar: JA!
Für mich ganz entscheidend war aber erstmal mich mit der Introversion genauer auseinander zu setzen. Einfach um zu verstehen, warum ich anders bin. Aber auch um zu begreifen, das es völlig in Ordnung ist, wie ich bin. Nicht immer nur das zu sehen, was ich nicht kann oder was mich von anderen unterscheidet, sondern den Fokus auf meine Stärken zu legen.
So kann ich mich akzeptieren und genieße es einfach, ich selbst sein zu können, mich nicht verstellen zu müssen, keine Rolle spielen zu müssen. Dadurch dass ich mich selbst besser verstehen gelernt habe, ist es auch leichter für mich zu meinen Bedürfnissen zu stehen und andere vielleicht auch mal aufmerksam darauf zu machen, dass ich anders ticke als sie und ihnen erklären, was ich brauche.
Nimm dir also einfach die Zeit für dich selbst, die du brauchst. Tue die Dinge, die dir gut tun. Versuche dein Leben und dein Umfeld mehr so auszurichten, dass deine Bedürfnisse auch zum Tragen kommen. Konzentriere dich auf deine Stärken und schöpfe sie voll aus. Auch wenn es von außen vielleicht nicht immer so aussieht, können wir Introvertierten sehr glücklich und zufrieden mit uns und unserem Leben sein. Fällt dir Selbstakzeptanz noch schwer, dann lies Steh zu dir! Selbstakzeptanz und Selbstliebe lernen!
Bist du introvertiert und glücklich?